Apps im Test: FAS

Leser der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) mussten lange auf eine Möglichkeit warten, die Zeitung in digitaler Form lesen zu können. Seit einigen Monaten gibt es die FAS-App für das iPad. Die späte Veröffentlichung hat möglicherweise mit den hohen Ansprüchen zu tun, die das Blatt an sich selbst stellt und die zu allerlei Auszeichnungen geführt haben. Vielleicht wurde aber auch erstmal abgewartet, wie sich der Markt entwickelt. Interessant ist dabei, dass die FAS mit ihrer digitalen Edition ausschließlich auf das iPad setzt. Für Android-Nutzer gibt es keine Alternative. Ebenso gibt es keine Web-Lösung, wie sie bis vor einigen Monaten immerhin noch für Texte existierte.

Inhalt: Das ganze inhaltliche Spektrum
Die iPad-App der FAS verpackt die Inhalte der Printausgabe zwar in ein neues, tablet-freundlicheres Gewand. Wer die FAS kennt, weiß um den bunten Themenmix aus den Bereichen Politik, Sport, Feuilleton, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Es werden erfreulicherweise keinerlei Abstriche gemacht. Wir haben zwei Printausgaben mit dem iPad-Pendant verglichen und keine Unterschiede festgestellt. Allerdings geht die iPad-Ausgabe auch nicht inhaltlich über die Printausgabe hinaus, was im folgenden noch bei der Kosten-Nutzen-Frage eine Rolle spielen wird.

Aussehen/Benutzerfreundlichkeit: Schlicht und ansprechend, aber in der Bedienung etwas empfindlich
Vor die Wahl gestellt, die Papierausgabe 1:1 als E-Paper umzusetzen oder sie neu für das Tablet zu gestalten, haben sich die Herausgeber der FAS erfreulicherweise für letztgenannte Variante entschieden. Das Aussehen der Papierausgabe ist herausragend, aber für den kleinen iPad-Bildschirm einfach zuviel des Guten. Die Gestalter der FAS machen sich deshalb die Arbeit, jede Ausgabe in ihre Bestandteile zu zerlegen und für das iPad neu grafisch aufzubereiten. Das Ergebnis ist sehr ansprechend und zeichnet sich durch eine angenehme Schlichtheit aus. Es gibt keine Multimedia-Inhalte wie Fotogalerien oder eingebettete Videos, dafür aber ansprechende Freistellungen und Bildkompositionen. Dies hat Vorbildcharakter für andere Publikationen.

Die über die Tabbar zur Verfügung stehenden Optionen ähneln denen anderer Zeitungsapps. Neben dem Kiosk, in dem neue und ältere Ausgaben erworben werden können, gibt es Icons, um zum Beispiel schnell zum Titel oder zur Übersicht zu gelangen. Die Tabbar kann während des Lesens ausgeblendet werden, was die Lesefläche vergrößert.

Wünschenswert wäre eine Option, zusätzlich zur iPad-Fassung auch die Originalseite aufrufen zu können. Da die Tablet-App nicht nach Seitenzahlen sortiert, lassen sich aus der App heraus schwerlich Seitenempfehlungen an Print-Leser aussprechen und umgekehrt. Nicht zuletzt sind einige Print-Designs mit den Möglichkeiten des Tablet-Bildschirms nicht nachzustellen, so dass es ein Mehrwert wäre, wenn sich App-Nutzer trotzdem ein Bild vom Printlayout machen könnten.

Etwas problematisch ist die mitunter überempfindliche Steuerung. Es passiert einem leicht einmal, dass man aus Versehen die Seite verschiebt und damit zum nächsten Artikel gelangt. Leider merkt sich die App dabei nicht, auf welcher Bildschirmseite des vorherigen Artikels sich der Nutzer zuletzt befand. Die Folge ist, dass viel gescrollt werden muss. Auch der Home-Button kam dem Leser manches Mal in die Quere, weil die FAS-App nur im Querformat genutzt werden kann. Bei manchen Artikeln wäre das Lesevergnügen allerdings auch im Hochformat gleich gut gewesen.

Kosten/Nutzen: Für Nur-Tablet-Leser angemessen, für Abonnenten ein Graus
Die iPad-Ausgabe der FAS kostet 2,99 Euro, also zwanzig Cent weniger als die Printausgabe. Für die herausragenden Inhalte der Zeitung ist das ein fairer Preis, zumal auf die Anzeigen der Printausgabe weitgehend verzichtet wird. Sicherlich wird es einige geben, die hinterfragen, ob die Ersparnisse bei Druck und Vertrieb nicht auch einen noch günstigeren Preis ermöglichen. Nun ist andererseits aber auch der Aufwand zu berücksichtigen, der betrieben wird, um die Zeitung für das iPad noch einmal komplett neu zusammenzustellen.

Wirklich ärgerlich ist die FAS-Preispolitik allerdings für die Abonnenten der Printausgabe. Sie müssen den gleichen Preis entrichten wie Nur-Tablet-Leser. Es gibt keinerlei Vergünstigungen, obwohl doch – wie beschrieben – der Inhalt 1:1 dem der Printausgabe entspricht und der Preis damit für Abonnenten nicht durch zusätzliche Inhalte zu rechtfertigen ist. Augenscheinlich wird die App tatsächlich nur als zusätzlicher Vertriebskanal begriffen, nicht aber als Mehrwert für die Bestandskunden. Wer die Printausgabe abonniert hat, aber zum Beispiel mehrere Wochenenden im Jahr auf Reisen ist, wüsste die App sehr zu schätzen, um die Zeitung trotzdem am Sonntag lesen zu können – wenn dafür allerdings doppelt bezahlt werden muss, werden sich das viele verständlicherweise zweimal überlegen. Die Entscheidung, bei der Preisgestaltung so vorzugehen, ist leider vollkommen unverständlich. Am Ende fühlt sich mancher Leser dazu gedrängt, sich zwischen App und Printabo zu entscheiden. Eine wahrlich schwierige Wahl, weil beide Wege ihre Vorzüge haben.

Produktion: InDesign mit den Werkzeugen von WoodWing
Für diejenigen, sich dafür interessieren, wie die Zeitung fit für das iPad gemacht wird, gibt es erfreulicherweise bei der FAS eine Antwort. Die Firma WoodWing hat die entsprechenden Werkzeuge bereitgestellt, um die in einem anderen Redaktionssystem erstellte Printausgabe für das iPad umzusetzen. Die Inhalte werden dabei laut Pressemitteilung (vermutlich auf XML-Basis) mittels verschiedener Skripts in die WoodWing-Tools überspielt. Gefertigt wird das Produkt dann letztlich mit diesen Werkzeugen und Adobe InDesign. Das Ergebnis ist allem Anschein nach eine Mischung aus HTML5 und PDF-Elementen. Mehr dazu auf der WoodWing-Website.

Fazit: Auf einem guten Weg, aber noch nicht perfekt
Es gibt vieles, was an der FAS-App begeistert: Das eigens fürs Tablet optimierte Design der Inhalte, natürlich die Artikel selbst und die 1:1-Umsetzung, damit die App-Ausgabe eine ernsthafte Alternative zur Papierfassung ist. Doch von der Perfektion der Printausgabe ist die FAS-App  noch ein großes Stück weit entfernt. Ausschlaggebend ist dafür vor allem die Benachteiligung der Abonnenten bei der Preisgestaltung. Wer nur digital liest, hat damit natürlich keine Probleme.

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