Bing Streetside in Deutschland vor dem Aus?

Bing Streetside, Microsofts Pendant zu Google Street View, ist für deutsche Städte nicht mehr nutzbar. Sollte sich das Aus bewahrheiten, hätte auch Microsoft vor dem deutschen Unmut über Straßenansichten kapituliert. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

Immerhin: Eine öffentliche Schmähung blieb Microsoft hierzulande mit seinem Straßenansichtendienst Streetside erspart. Ganz anders Google: Der Suchmaschinenbetreiber musste wochenlang eine Debatte über sich ergehen lassen, ließ sich das Zugeständnis abringen, Einsprüche anzunehmen – und resignierte schließlich vor dem deutschen Bedürfnis nach Datenschutz.

Sollte sich die Nachricht in „Cashys Blog“ bewahrheiten, wäre auch Microsoft hierzulande gescheitert. Warum, das ist unbekannt. Streetside war hierzulande klammheimlich gestartet. Da der Dienst in anderen Ländern unverändert zur Verfügung steht, liegt es nahe, dass es einen Zusammenhang zum Unbehagen der Deutschen gibt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Deutschen sich über Fotografien ihrer Häuser echauffieren. Schon in den Neunziger Jahren gab es eine aufgeregte Debatte über Satellitenfoto-Sammlungen, die als D-Sat auf CDs vertrieben wurden. Zuvor gab es Ärger wegen der D-Info-Telefon-CDs – beides Themen, die aus heutiger Sicht fast lachhaft sind, weil mit dem Internet sowohl Telefonbucheinträge als auch Satellitenfotos für jedermann kostenlos und teilweise in besserer Qualität bzw. mit mehr Suchoptionen einsehbar sind.

Nicht auszuschließen, dass auch die Straßenansichten irgendwann ihr Comeback feiern und bejubelt werden.

Interessant ist aber auch die Frage, wie die Dienste international mittlerweile angesehen werden. Zwar gibt es anderswo nicht so drastische Debatten wie hierzulande, andererseits scheint es auch keine Euphorie zu geben oder sie ist nach dem ersten Aha-Effekt mittlerweile verflogen.

Denn die entscheidende Frage, was Straßenansichten eigentlich bringen sollen, ist bis dato unbeantwortet. Hilfreich sind sie allenfalls zur Vorbereitung eines Trips am heimischen Computer, um sich Straßenansichten einzuprägen und sich später besser orientieren zu können. Eine Integration in mobile Navigationssysteme steht jedoch noch aus.

Das andere Problem ist die Aktualisierungsrate. Schon bei den Satelliten- und Luftbildern zeigt sich, dass sie schnell veralten und an Nutzwert einbüßen. Im Gegensatz zur Straßenfotografie sind die Satellitenbilder aber noch vergleichsweise einfach zu erneuern. Wollen Google und Microsoft tatsächlich jedes Jahr ihre Flotte auf den Weg schicken, um Updates zu „erfahren“? Und in welchem Rhythmus ist das überhaupt möglich, zumal die Karte noch sehr viele weiße Flecken enthält?

Bislang sind die Straßenfotodienste eher eine Machbarkeitsstudie und eine Machtprobe der Großen. Es ist schwer zu glauben, dass sich damit ausreichend Geld verdienen lässt, um die Erstellung und Pflege dauerhaft zu refinanzieren.

Zumindest aus deutscher Sicht ist der Entwicklung der vergangenen Monate etwas Positives abzugewinnen: Dass Google und Microsoft hierzulande bei ihrer Straßenfotografie auf die Bremse treten, ist ein Beleg dafür, dass einzelne Staaten sehr wohl in der globalen Welt ihre Stimme erheben und gar etwas bewirken können. Und das Bemerkenswerte daran ist: Dafür brauchte es nicht einmal ein Gesetz.

http://stadt-bremerhaven.de/microsoft-beendet-bing-streetside-in-deutschland-aus-unbekannten-gruenden/

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