Next – Zum Weggang von Scott Forstall bei Apple

Scott Forstall (Foto: Apple)

Scott Forstall, bislang Senior Vice President für die iOS Software, verlässt Apple zum Ende des Jahres. In der Zwischenzeit soll er nur noch als Berater für Apple-Chef Tim Cook tätig sein. Seine bisherigen Zuständigkeiten werden unter den anderen Führungskräften Apples aufgeteilt, unter anderem Jony Ive. Medien sehen es als offenes Geheimnis an, dass Forstall nicht freiwillig ging.

Das Markenzeichen von Scott Forstall war sein energisch ausgesprochenes „Next“, wenn er bei Apple-Produktvorstellungen durch die neuen Features der Software galoppierte. Unter Steve Jobs schien Forstall immer mehr an Bedeutung zu gewinnen. Was Jony Ive für das Hardware-Design ist, war Forstall in Software-Fragen. Manche sahen ihn auch schon als Nachfolger, zumal ihm nachgesagt wird, ähnliche Eigenarten zu haben, wie Jobs.

Dass es um Forstalls Zukunft bei Apple in der Post-Jobs-Ära nicht mehr gut bestellt war, deutete sich nach Steve Jobs‘ Tod im vergangenen Jahr rasch an. Seine Auftritte bei Apple-Events wurden immer weniger. Tim Cook hatte nicht nur seinen eigenen Part als Geschäftsführer deutlich zurückgenommen, sondern auch den des Software-Chefs.

Was Forstall genau zum Verhängnis geworden ist, bleibt rätselhaft. Fakt ist, dass die Sprachassistentin Siri kurioserweise als Beta-Version veröffentlicht wurde, was eigentlich nicht Apples perfektionistischen Vorstellungen entspricht, zumal der Hersteller Drittentwicklern im App Store explizit untersagt, halbfertige Software hineinzustellen. Bis heute hat Siri niemals offiziell den Final-Status erlangt, obwohl die Software zwischenzeitlich verbessert wurde.

Dann waren da die Apple-eigenen Karten. Hierbei ist allerdings unklar, welchen Teil der Verantwortung Forstall trägt. Die Software selbst funktioniert nämlich tadellos – problematisch ist alleine das Kartenmaterial selbst, das Forstall wohl kaum selbst in seiner Abteilung erarbeitet haben wird. Gleichwohl dürfte ihn auch ein Teil der Verantwortung treffen, die er Medienberichten zufolge abgelehnt habe, als es darum ging, einen Entschuldigungsbrief an die Kunden zu unterzeichnen. Am Ende unterschrieb diesen Tim Cook.

Seit Bekanntgabe des Weggangs von Forstall wird im Netz kontrovers diskutiert, ob dies für Apple ein Fluch oder eine Segen ist.

Was die Präsentation von neuen Produkten betrifft, wird Forstall auf alle Fälle eine Lücke hinterlassen. Außer ihm vermochte es nur Steve Jobs, Produkte so zu präsentieren, als stecke eine aufrichtige eigene Begeisterung dahinter. Nicht zu vergessen: Forstall hatte so viel Zutrauen in seine Produkte, dass er sie gerne im Livemodus auf der Bühne präsentierte, so etwa Siri – nur wer von seiner Software völlig überzeugt ist, wagt einen solchen Schritt. Mit Phil Schiller bedient Apple die gängigen Marketingfloskeln, die von Apple bekannt sind – so stark mitgenommen wie seinerzeit unter Jobs/Forstall fühlt man sich aber nicht.

Der nächste Punkt sind die Auswirkungen auf die Software. Forstall war ein Liebhaber „klassischer Elemente“, so zum Beispiel der Ledereinband beim Kalender. Dies soll wohl Jony Ive deutlich missfallen haben, der puristische, moderne Designs liebt. Über Geschmack lässt sich streiten – es wird jedoch spannend sein, was Ive Forstalls Designs entgegen zu setzen hat.

Ein weiterer Vorwurf im Netz lautet, Forstall seien die Ideen ausgegangen – iOS bleibe damit immer mehr hinter Android zurück. Dies ist insofern Quatsch, weil Apple von Anfang an nicht jede Android-Idee übernommen hat, sondern oft erstmal schaute, ob sie sich überhaupt etabliert und wie sie möglicherweise sogar perfektioniert werden kann. Eine weitere Frage ist, inwieweit Forstall überhaupt frei entscheiden konnte, was letztlich in die Veröffentlichung geht und was nicht. Unter Jobs war sein Aktionsradius gewiss begrenzt. Wie Tim Cooks Führung in solchen Fragen aussieht, ist derzeit noch schwer zu sagen.

Ein wenig erinnert der Rausschmiss von Forstall an das Schicksal von Steve Jobs – eine Entscheidung, die Apple später noch bereuen sollte. Wer weiß, was bei ihm inzwischen schon unter dem Begriff „Next“ in der To-Do-Liste steht.

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