Apps im Test: RTL NOW

Wenn es um die Nutzung der Online-Mediathek RTL NOW auf dem iPad geht, überlässt RTL nichts dem Zufall. Besitzer des Tablets sehen schlichtweg nur eine Eigenwerbung für die App, wenn sie die Startseite der Mediathek aufrufen. Eine Nutzung über den Safari-Webbrowser des sonst im Web in Teilen kostenlosen Services ist nicht möglich. Stattdessen muss die 3,99 Euro teure App erworben werden.

Vier Euro für Inhalte, die es sonst entweder im Fernsehen oder teilweise auch im Web kostenlos gibt – das baut eine Hemmschwelle auf, die es erstmal zu überwinden gilt. Wir haben es gewagt und die RTL NOW-App gekauft.

Inhalt: Noch weniger als im Web
Öffentlich-rechtliche und Privatsender feiern gleichermaßen Erfolge mit ihren On-Demand-Angeboten. Die Möglichkeit, interessante Sendungen an jedem Ort mit Breitband-Internetanschluss abrufen zu können, ist einfach verlockend. Zudem müssen sich Zuschauer nun nicht mehr nach der Programmstruktur des Senders richten, sondern können ihre Sendungen anschauen, wann sie möchten.

Doch Vorsicht vor zu viel Euphorie: Ein vollwertiger Ersatz sind die Mediatheken nicht. Zum einen ist ihre Auflösung durchweg geringer als beim HD-Fernsehen, meist sogar schlechter als die Standardauflösung, was je nach Bildschirmgröße zu verschmerzen ist. Entscheidender ist, dass die meisten Sender nur eine Auswahl ihres Programmangebots im Netz bereitstellen. Das hat zum einen rechtliche Gründe, weil einige Serien und Filme nicht für die Onlineverbreitung eingekauft wurden. Zum Teil scheint es mitunter aber auch einfach nicht gewollt zu sein, bestimmte Sendungen im Netz zur Verfügung zu stellen.

Während RTL NOW im Web einen recht interessanten Mix aus Eigenproduktionen und US-Serien (z.B. CSI Miami) anbietet, ist die Auswahl auf dem iPad ungleich kleiner. CSI Miami, um beim Beispiel zu bleiben, fehlt gänzlich in der kostenpflichtigen App. Auch die Kauf-Inhalte stehen nicht zur Verfügung. Das Angebot reduziert sich auf Eigenproduktionen, die kostenlos verfügbar sind.

Aussehen/Benutzerfreundlichkeit: Bunt und übersichtlich
Das Design der RTL NOW-App entspricht dem der Internetseite und der Senderfarbgebung. Blau dominiert als Hintergrundfarbe. Es gibt viele kleine Vorschaubildchen und eine ziemlich rasante Wechselanimation auf der Übersichtsseite. Dort kann ferner in der Ansicht schnell zwischen Tipps, Neuerscheinungen, Top 10 und gut bewerteten Inhalten gewechselt werden.

Insgesamt hinterlässt die App einen sehr aufgeräumten Eindruck. Ein A-Z-Register der Sendungen, eine Aufschlüsselung nach Sendezeiten und die Historie bereits gesehener Sendungen sind schnell via Tabbar ausgewählt.

Etwas befremdlich wirken die andersartigen Steuerelemente des Videoplayers. RTL war offenbar daran gelegen, einen eigenen, schmaleren Play-Button einzuführen. Der ist allerdings schwerer zu betätigen als der Original-Button von Apple. Zudem sieht diese individuelle Abspielkontrolle ungewohnt aus und bringt keinen sichtbaren Mehrwert.

AirPlay: Eine verpasste Chance
Der große Vorteil einer App gegenüber einer Website sind die nativen Funktionen eines Geräts, die sich über eine Website nur schwer oder gar nicht nutzen lassen. Die RTL NOW-App könnte die Nase vorne haben, wenn sie AirPlay unterstützen würde, um Sendungen via WLAN und Apple TV auf einem Fernseher anzuzeigen. Könnte, wohlgemerkt: Denn – sie kann es nicht! Unterstützt wurde bei unserem Test nur die Übertragung von Ton. Ein Bild ließ sich partout nicht auf das Apple TV übertragen, so wie es etwa bei iTunes-Filmen wunderbar funktioniert

Besitzer eines iPad 2 haben zumindest noch eine kleine Chance, AirPlay zu nutzen, wenn sie einen Umweg in Kauf nehmen: Wer doppelt den Home-Button anklickt und nach links scrollt, kann die Bildschirminhalte auf das Apple TV spiegeln (Synchronisieren). Allerdings wird das Bild dann nicht bildschirmfüllend angezeigt. Zudem hatten wir diverse Male mit Aussetzern zu kämpfen, wobei nicht zu ergründen war, ob diese durch den AirPlay-Umweg hervorgerufen wurden oder generell beim Abruf der Sendung vorlagen.

Kosten/Nutzen: Viel zu teuer
RTL argumentiert, dass es seine App nicht wie die öffentlich-rechtlichen Sender kostenlos anbieten kann, weil sie die Entwicklung nicht durch Gebührengelder refinanzieren können. Das ist sicherlich ein Argument, entbindet den Sender aber nicht davon, dass er bei einem kostenpflichtigen Produkt dem Käufer auch etwas bieten sollte. Knapp vier Euro für einen Dienst, der im Web kostenlos verfügbar ist, und keinen erkennbaren Vorteil gegenüber der Web-Fassung hat – das ist einfach viel zu teuer.

Fazit: Keine Empfehlung, so lange nicht nachgebessert wird
Die RTL NOW-App ist mit ihrem derzeitigen Funktionsumfang eine große Enttäuschung. Man kann es gar nicht oft genug sagen: Es gibt weniger Inhalte als in der Web-Version und dafür soll der Nutzer allen Ernstes Geld (3,99 Euro) bezahlen. Die nahe liegende AirPlay-Unterstützung wird den Nutzern versagt, obwohl das doch wirklich ein Argument wäre, die App zu kaufen. Schade, Chance vertan.