Das Deutsche Sport-Fernsehen (DSF) prägte einst den Satz: Mittendrin, statt nur dabei. Der Sender ist längst Geschichte, doch der Slogan ist dieser Tage möglicherweise aktueller denn je. Eine neue App namens „Condition One“ zieht seit dieser Woche die Blicke auf sich. Buchstäblich.
Denn C1 ist angetreten, den Journalismus zu revolutionieren – so sehen es zumindest einige Tech-Blogger. Reportagen sollen die Zuschauer künftig nicht mehr aus der ausgewählten Perspektive des Videojournalisten erleben, sondern den Blickwinkel während des Films permanent selbst auswählen können. So kann der geneigte Nutzer also während einer Streifenwagenfahrt in der laufenden Reportage auch mal in den Rückspiegel schauen. Das setzt voraus, dass bei der Aufnahme bereits entsprechende Kameratechnik zum Einsatz kam. Eine Reihe von Beispielvideos kann in der App kostenlos heruntergeladen werden. Der Blickwinkel wird entweder durch Drehen des Geräts (Bewegungssensor) verändert oder durch Fingereingabe.
C1 ist eine schöne multimediale Spielwiese, eine Machbarkeitsstudie für das, was mit Tablets möglich ist. Und ja, es ist eine sehr faszinierende App.
Die gezeigten Filme ermöglichen ein ganz anderes, ein neues Erleben von Dokumentationen. Der Zuschauer fühlt sich mitten im Geschehen. Ob das Sinn macht, hängt natürlich vor allem vom Thema ab. Bei vielen Filmen ist es vollkommen uninteressant, „über den Tellerrand“ zu schauen. Bei anderen ist es geradezu grandios.
Und letztlich sollte man sich nichts vormachen: Die Regie liegt weiterhin beim Erschaffer der Bildern. Zwar gibt er ein klein wenig Macht auf, nämlich die des Fokus, aber letztlich kann sich der Zuschauer niemals freimachen. Er kann nicht die andere Straßenecke entlang fahren, weil er der Ansicht ist, der Filmemacher hätte dort vielleicht auch mal hinschauen sollen. Und dieses multimediale Theater ist nicht zuletzt speicherhungrig. Die vollständigen Filme sind allesamt über ein Gigabyte groß. Wer viel sehen möchte, braucht Geduld. So ist das manchmal im Leben.