Stefan Niggemeier und Lukas Heinser sind wieder mit ihrem beliebten Videoblog zum Eurovision Song Contest zurück. Dieses Mal wird es jedoch heikel: In Aserbaidschan lässt es sich nicht so leicht fröhlich über den Unterhaltungsklamauk berichten, wie zuvor in Düsseldorf und in Oslo.
Im ersten Moment habe ich mich für Aserbaidschan gefreut. Dass ein aus deutscher Sicht so exotisches Land den Eurovision Song Contest (ESC) gewinnen konnte, war ein schönes Zeichen, dass diese kleinen Länder eben nicht nur als Kulisse für die Großen mitmachen dürfen, sondern bei guten Liedern tatsächlich eine reelle Siegchance haben. Und das Lied aus Aserbaidschan war fraglos ein gutes, der Gewinn des ESC vollkommen verdient.
Ein Jahr später stellt die westliche Welt verdutzt fest, dass Aserbaidschan es mit gleichen Chancen für alle nicht so hält – zumindest nicht, wenn es um seine eigene Bevölkerung oder Armenien geht. Im Vorfeld wurde verschiedentlich darüber berichtet, dass Einwohner vertrieben und ihre Häuser eingeebnet wurden, um den Bau der Crystal Hall für den beliebten Musikklamauk zu ermöglichen. Das will irgendwie gar nicht in das Bild der Harmonie passen, dass der ESC von sich zeichnet.
Diese Situation macht auch denjenigen das Leben schwer, die darüber berichten. Einige Medien haben sich zurecht bereits eine Schelte dafür eingefangen, allzu unkritisch über Aserbaidschan und den ESC zu berichten. Nun ist es eine schwierige Gratwanderung, auf der einen Seite den Leuten zu gefallen, die belustigt werden wollen, andererseits aber auch zu vermitteln, was eben nicht so lustig ist – einfach, weil es zum Gesamtbild dazugehört und weil es die vornehmste Pflicht eines jeden Berichterstatters ist, vollständig zu informieren.
Stefan Niggemeier und Lukas Heinser haben vor zwei Jahren mit dem Videobloggen vom ESC angefangen. Oslog hieß das beim ersten Mal. Und weil mit Lena Meyer-Landrut der ESC in Deutschland gerade seinen angestaubten Charme verlor und Lena den Titel für Deutschland holte, war die Fortsetzung namens Duslog quasi vorprogrammiert.
Natürlich war es vor allem der Verdienst von Stefan Raab, dass der ESC in Deutschland wieder erfolgreich war. Doch Stefan und Lukas haben mit ihrer unkonventionellen Berichterstattung im Internet auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet. Sie zeigten, dass mit technisch bescheidenen Mitteln und in Zehn-Minuten-Clips ein weitaus gehaltvolleres Programm möglich ist, während es die Öffentlich-Rechtlichen trotz modernster Technik, vielen Leuten und irrsinnigem Aufwand jahrelang nicht hinbekamen).
Jetzt also Bakublog: Unterhaltungsprogramm aus politisch wenig unterhaltsamen Gefilden. Dieser Spagat gelingt den beiden relativ gut. In einer der ersten drei Folgen zeigen sie eine Straße und Stefan erinnert daran, dass hier bis vor kurzem noch Häuser standen. Auch ironische Andeutungen in Bezug auf den Bau des Pressezentrums (Folge 3) oder das Zeigen einer Szene, wo Sicherheitskräfte die beiden erst von der Straße vertreiben wollen, beim Aufzeigen des ESC-Presseausweises jedoch einen guten Tag wünschen und weiterziehen, beleuchten die Risse in der Heile-Welt-Fassade Bakus.
Ein bisschen fader Beigeschmack bleibt aber trotzdem: Die Hoffnung, dass die mediale Öffnung gen Westen positive Entwicklungen in dem Land anstößt, lässt sich bislang schwerlich erkennen. Vergleichbare Situationen gibt es auch bei anderen Unterhaltungs-Events, zum Beispiel bei der Fussball-EM (Ukraine) oder bei der Formel 1 (Bahrain).
Es ist eine riesige Herausforderung für den Westen, eine angemessene Art der Begleitung solcher Events zu finden. Vielleicht ist auch alles verkehrt, egal wie man es macht.
Von allem, was ich bislang vom ESC gesehen habe, ist der Bakublog jedoch herausragend gut.
Hinweis: Ich habe Stefan Niggemeier vor ein paar Tagen mehrere Fragen per E-Mail geschickt. Sobald ich eine Antwort erhalte, werde ich erneut berichten.