Die Zeitschrift Macwelt beschreitet neue Wege: Neben dem klassischen Onlinekiosk mit einer digitalen 1:1-Kopie der gedruckten Ausgabe gibt es künftig die Macwelt HD, ein speziell für das iPad konzipiertes elektronisches Magazin. Wir haben uns die erste Ausgabe (1/2013) einmal genauer angesehen.
Für Printmedien stellt sich schon lange nicht mehr die Frage, ob sie in der digitalen Welt mitmischen. Stattdessen geht es um das Wie.
Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten: Naheliegend ist hierbei zunächst das Bereitstellen der Print-Inhalte im Originallayout. Dies hat Vor- und Nachteile: Wer eine eher print-affine Leserschaft hat, die das digitale Pendant eher als Ergänzung begreift, ermöglicht seinen Lesern dadurch eine leichtere Orientierung im digitalen Titel. Doch es gibt auch Nachteile: Printlayouts sind für größere Formate angelegt. Auf den kleinen Tabletbildschirmen wirken sie oft nicht so schön oder die Nutzer müssen viel zoomen, was von Lesern als Nachteil begriffen wird.
Die zweite Variante ist eine eigens hergestellte digitale Ausgabe. Diese kann neben dem Format auch die weiteren multimedialen Möglichkeiten ausschöpfen. Der Nachteil ist hierbei, dass sie weitaus aufwändiger zu produzieren ist. Und hier sind wir bei einem typischen digitalen Problem: Die Märkte sind klein, weil die Nutzer noch nicht in dem nötigen Maß bereit sind, für Inhalte auch zu bezahlen.
Doch Kostendruck hin oder her: Gerade gegenüber einer Computerzeitschrift gibt es eine hohe Erwartungshaltung seitens der Leser. Zugleich profitieren die Verlage davon, dass ihre Zielgruppe – naturgemäß – online- und technikaffin ist.
So überrascht es doch ein wenig, dass die Macwelt so lange gebraucht hat, um neben der digitalen 1:1-Kopie auch eine eigene iPad-Ausgabe zu starten.
Macwelt HD heißt dieses Produkt, das laut Ankündigung ein „neuartiges Leseerlebnis ermöglicht“.
Zugrunde liegt der App die Adobe Digital Production Suite, die bei immer mehr Zeitungen und Zeitschriften Abnehmer findet. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, der New Yorker und der Weser-Kurier sind nur einige weitere namhafte Beispiele.
Und hier liegt auch gleich der erste Vorteil für die Nutzer: Das Adobe DPS-System ist mittlerweile einigermaßen frei von Kinderkrankheiten und viele Nutzer haben sich an seine Steuerelemente gewöhnt. Zwar gibt es für jeden Titel eine eigene App, doch man kann gewissermaßen von einer einheitlichen Plattform sprechen. Artikelthemen werden mit einer horizontalen Wischgeste gewechselt. In der Vertikalen können Artikelseiten betrachtet werden. Nebenbei gibt es allerlei Möglichkeiten, Fotogalerien, Links und Videos einzubetten. Hat man sich an dieses dreidimensionale Leseerlebnis erstmal gewöhnt, entdeckt man schnell die Vorteile, weil Adobes Lösung einfach angenehmer auf dem Tablet zu konsumieren ist.
In der ersten Ausgabe (1/2013) erwartet die Leser unter anderem ein Einkaufsführer für Apple-Produkte, der alle Neuerscheinungen der vergangenen Monate umfasst. Um Phillips‘ innovatives App-gesteuertes Lichtsystem geht es ebenso wie um Zubehörartikel wie Taschen oder die für IT-Zeitschriften obligatorischen Tipps in Hülle und Fülle.
Bei den Inhalten steht die Macwelt natürlich nach wie vor in Konkurrenz zu diversen Onlineportalen, die ihre Inhalte oft kostenlos unter das Volk bringen. Dem gegenüber kostet die Einzelausgabe der Macwelt HD 5,99 Euro – im In-App-Abo wird es ein wenig günstiger. Der Unterschied liegt darin, dass ein kompletter Titel seine Leser eher dazu verführt, auch mal über den Tellerrand zu schauen, während bei Onlineportalen meist gezielt nach bestimmten Beiträgen gesucht wird. Dieser Themenmix gelingt in Ausgabe 1/2013 recht gut, so dass selbst ein Leser, der die gängigen RSS-Feeds intensiv verfolgt, noch manche Neuigkeit erfährt oder aber zumindest weitere Hintergründe und Rezensionen nachlesen kann.
Einen Minuspunkt gibt es allerdings für die fehlende Möglichkeit, ein vorhandenes Abo auch für die HD-Ausgabe zu übertragen. Ein ähnliches Problem hatten lange Zeit die Abonnenten der FAS – erfreulicherweise ist dort mittlerweile Abhilfe geschaffen worden.
„Der Fokus auf die User-Experience ist ein deutlicher Mehrwert und bietet Lesern neben zahlreichen additiven Inhalten ein komplett neues Leseerlebnis“, sagt Marlene Buschbeck-Idlachemi, Chefredakteurin der Macwelt. Dies ist nach genauer Betrachtung der ersten Ausgabe nicht zu leugnen – gleichwohl ist der Preis mit fast sechs Euro ziemlich hoch. Letztlich ist es natürlich gerade bei Special-Interest-Titeln häufig auch eine Frage der Leserzahlen, die zu hohen Preisen führen. So ist Macwelt HD unter dem Strich ein guter Zuspruch zu wünschen, der in Zukunft vielleicht dann aber auch zu günstigeren Preisen führt.