Es ist einige Jahre her, da durfte ich für zwei Wochen einen Blackberry testen. Es handelte sich um ein Gerät, das eine Art Mini-Trackball in der Mitte hatte – die genaue Bezeichnung ist mir leider entfallen. Es war eines der ersten Smartphones, das ich in den Händen hielt und ich fand es einfach faszinierend. Vor allem die Möglichkeit, per Push jederzeit aktuelle E-Mails auf das Gerät zu bekommen und so unterwegs stets auf dem Laufenden zu bleiben, war einfach begeisternd. Dieses Aha-Erlebnis hatte Research in Motion (RIM) seinen heutigen Mitbewerbern von Apple und Google um Jahre voraus.
Dementsprechend empfinde ich – anders als augenscheinlich einige andere Blogger – keine Schadenfreude, wenn ich die aktuellen Entwicklungen bei RIM auf diversen Newsseiten verfolge. RIM wurde durch das iPhone, aber auch die Google-Smartphones von Samsung, HTC & Co., an den Rand gedrängt. Damit sind die Kanadier nicht allein. Auch Nokia hat schon diverse Vorreiterrollen eingebüßt. Wenn es finanziell so weitergeht, ist die Zukunft der Finnen ebenfalls nicht rosig.
Mit Blackberry 10 will RIM wieder Boden gut machen. Das Ergebnis sieht allerdings so aus, als hätte irgendjemand in Kanada das iPhone entdeckt und die visuellen Annehmlichkeiten von Windows Phone 7 hinzugefügt. Was auf den ersten Blick fehlt, ist ein Alleinstellungsmerkmal, was die anderen drei Mitbewerber, iOS, Android und Windows Phone, haben: Apple setzt mit iOS die Standards. Android hat seine Klientel, weil es das macht, was Apple nicht zulässt. Und Windows Phone 7 ist etwas für Menschen, denen Ästhetik wichtiger ist, als ein großes App-Angebot. Doch was ist Blackberry in dieser Kalkulation? Was kann Blackberry 10, was die anderen nicht können?
Das Problem ist leider, dass all das, was RIM den anderen damals voraus hatte, heutzutage bei den Mitbewerbern so oder noch besser vorzufinden ist. Es gibt nichts, was übrig geblieben ist, wenn wir mal von einigen Business-Funktionen und der Verschlüsselung absehen. RIM muss also ein komplett neues Alleinstellungsmerkmal erfinden. Obendrein eines, das den Käufer manchen Nachteil in Kauf nehmen lässt, den RIM selbst nicht in der Hand hat, wie etwas das kleinere App-Angebot.
Das ist eine gewaltige Herausforderung. Erst recht für Hersteller wie RIM und Nokia, die ihren Fokus lange Jahre vor allem auf die Hardware gesetzt haben. Mittlerweile ist aber zunehmend die Software wichtig. Google und Microsoft stellen keine eigenen Geräte her. Apple bildet da eine Ausnahme, legt aber mit jährlich neuen iOS-Versionen ebenso sehr großen Wert auf die Weiterentwicklung seines Handybetriebssystems.
Wir dürfen gespannt sein, ob sich RIM erfolgreich positionieren kann.